Ganz gleich, ob Edelsteinschmuck, Gold und Silber oder Modeschmuck: Das Tragen von Schmuck ist vielen ein Bedürfnis, Ausdruck ihrer Persönlichkeit, manches Mal ihrer aktuellen Stimmungslage. Warum ist das so, was treibt uns? Seit wann existiert Schmuck und wie hat er sich entwickelt? Spannende Fragen, denen wir einmal nachgegangen sind: Begleiten Sie uns auf eine kurze Zeitreise in ausgewählten Etappen.
Forscher datieren die ersten bisher bekannten Formen menschlichen Schmucks in die Zeit um 98.000 vor heute, also ins mittlere Paläolithikum. Funde durchbohrter Schneckenperlen in Marokko, Israel und Algerien lassen vermuten, dass diese Gehäuse zu einer Kette aufgezogen der bloßen Verschönerung dienten. Ein überlebensnotwendiger Nutzen jedenfalls offenbart sich nicht.
Die beiden perforierten Muscheln aus Israel aus unterschiedlichen Blickrichtungen; der Balken entspricht einem Zentimeter. (Foto: Marian Vanhaeren/Francesco d'Errico)
Damalige Menschen schmückten sich vor allem mit bleibenden Resten der belebten Natur, von Tieren: Schalen von Muscheln und Schnecken, Perlen, Tierzähnen, Knochen oder Wirbel. Zeichnungen an Höhlenwänden belegen dies. Doch auch an Bernstein und mineralischen Steinen fanden Menschen Gefallen als Körperschmuck. Perlenschmuck und auch Steinschmuck sind demnach schon sehr, sehr alt, während später so geschätzte Edelsteine noch nicht gängig waren. Diese frühgeschichtlichen Schätze hingen als Anhänger an Riemen oder zu Ketten aufgefädelt um den Hals, an Ohren, Händen oder Fingern.
Felszeichnungen im Matobo National Park (Simbabwe)
Ab grob 2.500 v. Chr., mit der Erschließung von Metallen als Rohstoffe zur Bearbeitung, kamen auch Schmuckteile mit Kupfer, Bronze und Eisen hinzu. In kleinen Elementen wie Platten und Scheiben, Spiralen, Ringen oder Kugeln. Und natürlich Gold. Die Metallverarbeitung nahm gerade in der Goldschmiedekunst Schritt für Schritt immer feinere, filigranere Entwicklungsstufen. Die Sumerer beispielsweise fertigten zusammen mit Gold und Silber zauberhaften Edelsteinschmuck mit Karneol, Achat, Lapislazuli und anderen.
In der Antike, vor allem gegen 1.400 v. Chr., kam Edelsteinschmuck sehr in Mode. Geschnitten als sogenannte Gemmen, erhielten verschiedene Edelsteine, meist aus der Reihe der Quarze, eingeschnitzte Motive. Oft als Siegelsteine genutzt, trugen sie eine Edelmetallfassung. Mit Ring trug man sie am Finger, manche mit Gehänge an den Ohren oder mit einer Nadel als Brosche.
Denken Sie an die um 1.000 v. Chr. entstandenen unermesslich reichhaltigen Goldschmuck-Schätze der amerikanischen Hochkulturen, der Maya, Azteken und Inka. Im europäischen Umkreis waren es zunächst die Ägypter, später Kelten und Germanen, die außerordentliche Fertigkeiten und eigene Stilrichtungen von Schmuck entwickelten.
Körperschmuck spielte im antiken Ägypten eine herausragende kulturelle Rolle. Die wertvollsten Edelsteine und Edelmetalle präsentierten die oberen Schichten etliche Jahrhunderte lang als Zeichen ihres hohen Status. Fest verankert ist auch der mythologische Symbolismus bearbeiteter Edelsteine oder Halbedelsteine wie Granat, Lapislazuli, Türkis oder Amethyst. Ob als Amulett oder Gold-Anhänger in Form eines Ankh, Skarabäus, Horus-Auges, der Göttin Hathor oder üppig verzierte Halskragen: Kostbarkeiten schmückten Würdenträger zu Lebzeiten und wurden ihnen später im Grab beigegeben.
Als Gallier dominierten sie die Eisenzeit Europas und hatten dort ihre größte Ausdehnung um 275 v. Chr. Gürtelschnallen, offene Halsreifen (Torques), Armspangen und Gewandnadeln (Fibeln) trug man neben einfachen Ringen. Keltische Kunsthandwerker waren übrigens Meister der Emaille-Technik. Der bekannteste Stil keltischen Schmucks ist durchdrungen von Ranken, Knotenschlingen oder Spiralen - wie die dreiästige Spiralform Triskele. Überhaupt spielt die Zahl Drei in den mythologischen Symbolen eine große Rolle, in der Triqueta beispielsweise. Typisch auch sind der Keltische Knoten und das Keltische Hochkreuz mit Ring um den Kreuzungspunkt, beides spätere, frühmittelalterliche Formen aus Irland.
Die Grundelemente germanischer Schmuckkunst zwischen Eisenzeit, Römern und Völkerwanderung waren denen der Kelten recht ähnlich: Spangen, Fibeln, Schnallen, Ringe und Amulette aus Silber und Bronze. Doch Ornamentik und die durchweg bildhaften Motive hatten eine ganz eigenständige Prägung: Drachen, Schlangen, Greife und anderes Getier; das Möndchen der Göttin Lunula, Kriegsgott Irminsul, Beile, Thorhammer oder Keulen - und natürlich Runen. Steinschmuck gab es weniger, dafür unzählige Glasperlen in vielerlei Formen und Farben. Dennoch war "barbarischer" Goldschmuck von erstaunlich hoher Qualität und zeugte von Einfallsreichtum.
Prunk war zwischen 500 und 1500 n. Chr. in Europa zunehmend weltlichen Herrschern und dem Klerus vorbehalten. Stilistische Anleihen aus dem byzantinischen Reich im Osten, zu Beginn auch nordafrikanisch-arabische, bestimmten den romanischen Schmuckstil. Selbst für das gehobene Bürgertum verlor auffallender und kostbarer Schmuck an Stellenwert. Eher schlicht waren denn auch ihr Gold- oder Silberzierrat, wertvolle Stücke wurden zu geldartigen Tauschobjekten. Eines der bekanntesten Zeugnisse prachtvollen vorgotischen Schmucks, und zudem eine der ältesten erhaltenen europäischen Kronen, ist die ottonische Lilienkrone von etwa 1.000 n. Chr. aus dem Domschatz Essen. Erst im Spätmittelalter entwickelten sich Zünfte, in denen Goldschmiede unabhängig und frei Innovationen vorantreiben konnten.
Mit der "Wiedergeburt" vergessenen kulturellen Reichtums erfuhr üppiger Luxus auch im Schmuck einen rasanten Aufschwung. Man besann sich auf die Antike und schwelgte dabei in wertvollstem Perlenschmuck, opulent ziseliertem Gold und Silber und liebte Edelsteine. Je auffallender, desto besser. Geradezu legendär sind noch heute die ausschweifenden Formen am Hofe Ludwigs des Vierzehnten. Oder die berühmteste Perle der Welt namens "La Peregrina", die Pilgernde, welche von 1554 an vom spanischen Königshof über die englische Königin Maria Tudor vielfach in königliche Hände weitergereicht wurde bis in diejenigen von Elizabeth Taylor - 1969 von Richard Burton als Liebes-Geschenk ersteigert.
Eine weitere Krönung fand die verschwenderische Opulenz im verspielt geschnörkelten Barock. Technisch lösten hochentwickelte Verfahren der Steinbearbeitung den bisherigen Cabochonschliff ab. Statt konvex rundgeschliffener Oberfläche kam nun der glitzernde Facettenschliff in Mode. Edelsteine kamen so noch wesentlich besser zur Geltung, ganz besonders in Form lichtbrechend-reflektierender Brillanten. Erst die Facettenschlifftechnik machte Diamanten populär. Täuschend echt wirkende Edelstein-Imitationen aus Spezialglas erlaubten es auch den weniger Betuchten, im damaligen Prunk ausgiebig mitzuschwelgen. Dank der neu entwickelten Zugfedern stellten geschickte Uhrmacher besonders kleine Schmuckuhren her, die um 1600 sehr gern als fein gearbeitete Halsuhren getragen wurden.
In der Zeit des Biedermeier um 1790 war dann sogenannter Trauerschmuck en vogue: Winzige Miniaturbildnisse mit Gedenksprüchen hinter Glas hingen als Amulette am Hals oder schmückten Fingerringe.
Zur Zeit Queen Victorias ab etwa 1840 nahm die industrielle Entwicklung an Fahrt auf. Dies mag eine Erklärung sein für die Rückbesinnung auf Naturmotive auf viktorianischen Medaillons und Gemmen. Perlenschmuck und Edelsteinschmuck vom Amethyst über Saphir und Smaragd bis zum Diamanten waren dennoch äußerst beliebt. Erstmals war es nun auch möglich, Schmuck zu vergolden und damit breiteren Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen.
Ebenfalls in diese Ära fällt der feingliedrig-schlichte Berliner Eisenschmuck. Ihn charakterisiert der einzigartige Charme des Eisenfeingusses (auch Eisenkunstguss genannt) aus der Preußisch Königlichen Eisengießerei und zwar seit 1804 bis in die Fünfziger Jahre hinein.
Als geradezu revolutionär galt nach der Wende zum 20. Jahrhundert der Art-Deco-Haarschmuck von Auguste Bonaz. Er experimentierte ausgiebig mit der Neuheit "Kunststoffe" und setzte den künstlichen Schmuckstein Galalith in allen erdenklichen Farben ein.